Technologiebewertung und Technology Scouting

Technologiebewertung und Technology Scouting (4)

Das Metaverse – Vision vs. Realität

Das große Thema der letzten Zeit ist Mark Zuckerbergs Bekanntgabe, dass Facebook zu “Meta” umbenannt wird. Seine über 80-minütige Keynote-Präsentation drehte sich aber nicht direkt um das Facebook, wie man es kennt, sondern um den Begriff “Metaverse”. Was hat es mit der Vision Metaverse auf sich, warum kommt die Ankündigung gerade jetzt, und vor allem, was bedeutet das für den europäischen Technologiemarkt? Hier lohnt sich ein Blick jenseits der PR-Inszenierung hin zu den Hintergründen in den Bereichen Markenstrategie, Produktvision, Technologie sowie dem Verhältnis von Markt und Innovation.

Was genau ist das Metaverse?

Bevor wir die Produktvision und den Begriff des Metaverse genauer betrachten, zunächst der Hinweis, dass es sich bei dem Konzept nicht um etwas Neues handelt. Nachdem das Metaverse noch „in Arbeit“ ist, gibt es noch keine einheitliche Definition, sondern eine Art Arbeitsbegriff, basierend auf dem ursprünglichen Konzept:

Seit zirka drei Jahrzehnten taucht das Metaverse als Begriff im Bereich High-Tech und besonders in Silicon Valley auf, ursprünglich aus einem Science-Fiction-Roman. Der Begriff beschreibt eine immersive digitale Welt, in der alle Aspekte des realen Lebens durch digitale Technologie dupliziert und/oder erweitert werden. Das Metaverse erlangte in den 2000er Jahren mit Online-Gaming-Produkten, insbesondere Second Life, eine gewisse Popularität und wurde in den letzten Jahren mit Spielen wie World of Warcraft und VRChat in Verbindung gebracht.

Nun entscheidet sich das weltweit größte Social-Media-Unternehmen, dieses Thema zu belegen, in die Mitte der Gesellschaft zu rücken und zum Kern der Marke und des weiteren Wachstums zu machen. Auffällig ist hier auch, dass das Metaverse ursprünglich nicht notwendigerweise mit sozialen Medien zusammenhängt. Der jetzige Zug von Facebook setzt sich aber zum Ziel, das „meta“-Metaverse, also Facebooks Produktvision, als Hauptschauplatz des Metaverse festzulegen, obwohl auch andere Metaverse-Schwerpunkte und -visionen denkbar sind.

Markenstrategie und Branding – Angriff ist die Beste Verteidigung

Zynische Beobachter könnten darauf hinweisen, dass Facebook in letzter Zeit zunehmend kritisch diskutiert wird, und dies an zahlreichen Fronten und aus verschiedenen politischen Lagern heraus. Zwischen Falschinformationen und mangelndem Durchgreifen gegen problematische bis illegale Inhalte einerseits und bedenklichem Umgang mit Kundendaten und unklarer Machtkonzentration bei einem der größten internationalen Verkäufer digitaler Werbefläche andererseits hat Facebook eine massives Imageproblem. Deswegen werden die Milliarden Nutzer der verschiedenen Facebook-Plattformen sicherlich nicht von Bord springen. Langfristig bestehen aber die Risiken, dass neue Produkte und Dienstleistungen von Facebook automatisch mit Argwohn betrachtet werden, und dass Gesetzgeber insgesamt härter gegen Facebook-Vorstöße vorgehen werden.

Daher ist es plausibel, dass das Rebranding teilweise mit Image-Renovierung zu tun hat. Der Nutzen solcher Aktionen sei grundsätzlich dahingestellt, sie kommen dennoch gelegentlich vor (nicht identisch, aber vergleichbar wäre die Aufspaltung von Google zu Alphabet). Andererseits ändert eine neue Verpackung nicht den Inhalt des Produktes, es besteht also die Gefahr, dass das negative Image einfach übertragen wird. Anstatt zu vermitteln, dass Facebook “sich bessere”, scheint die Strategie zu sein, einigermaßen spektakulär durch das Versprechen eines neuen Produkterlebnisses Aufmerksamkeit von den alten Problemen abzuziehen. Hier kommt die Produktvision Metaverse ins Spiel.

 Die Produktvision “Metaverse”

Vorerst bleibt das Produkt Facebook das Alte. In seiner Keynote-Präsentation legt Mark Zuckerberg seine Produktvision dar, diese soll im Laufe der nächsten Jahre, bis spätestens Ende des Jahrzehnts, Realität werden. Die Vision: Alle Aspekte des digitalen Lebens werden aus dem Bildschirm “befreit” und durch Virtual Reality und Augmented Reality mit dem realen Raum verschmolzen und so der menschliche Alltag komplett transformiert. Von sozialen Medien über Freizeitgestaltung, Bildung bis hin zu Arbeit gibt es Möglichkeiten, das Leben digital und vor allem “immersiv” zu durchtränken.

Wie bereits erwähnt ist die Idee nicht neu, rückt aber aus praktischer Ebene durch die weiter fortschreitenden VR- und AR-Technologien immer mehr in den Bereich des Möglichen. Doch was ist konkret an der Vision dran, und wann kann man womit rechnen? Analog zu den frühen Versprechen des Internets, wie sie in den frühen 90er Jahren stattfanden, muss hier zwischen theoretisch möglichen Konzepten, sowie den technologischen Möglichkeiten und besonders der Konsumentenbereitschaft zur Technologienutzung unterschieden werden.

Auf Softwareebene sind die meisten benötigten Komponenten bereits vorhanden und werden in vielen Anwendungen genutzt; dies gilt sowohl für die Grundidee Metaverse als auch für Zuckerbergs „meta“-Metaverse, welches den soziale Medien-Aspekt mehr in den Vordergrund rückt. Was Zuckerberg in seiner Präsentation nicht erwähnte, ist die Tatsache, dass das Metaverse zwar genauso wie alle soziale Medien eine große Nutzerbasis benötigt, um wirklich effektiv und für Konsumenten attraktiv zu sein, aber zusätzlich eine komplexe und (heutzutage noch) recht kostspielige Hardware benötigt, um überhaupt genutzt werden zu können. Während bei den sozialen Medien die Hardware bereits vorhanden war (PCs) bzw. sich nach der Markteinführung sehr schnell weitere Hardware zur Nutzung etablierte (Smartphones), blieb ein ähnlich explosives Wachstum für AR und VR auch nach über fünf Jahren nach Hardware-Einführung aus.

Um Fragen wie die gesellschaftliche Bereitschaft zur Adoption einer Innovation sowie den Entwicklungsstand einer Technologie zu betrachten, gibt’s es in der Technologiebewertung zahlreiche Werkzeuge; in diesem Fall ein Standardinstrument zur Technologieadoption, der Gartner Hype Cycle.

Die Realität „Metaverse“ – Technologie, Kunden und der Markt

Um die Brücke von Zuckerbergs Produktvision zu einem realistischen Bild der jetzigen Lage zu schlagen hilft ein Blick auf die bekannten Muster der Bereiche Technologie und Innovation: Der Gartner Hype Cycle. Aufmerksame Leser dieses Blogs werden ihn bereits kennen, ebenso wie potentielle Einwände zu seinem Gebrauch; nichtsdestotrotz stellt der Hype Cycle ein nützliches Barometer für die Konsensbetrachtung einer Technologie dar. Virtual und Augmented Reality, zusammengefasst unter dem Begriff “Extended Reality”(XR), wanderte bis 2018 über den Hypecycle-Berg, bis sie verschwand. Laut Modell wäre die Technologie hiermit an dem Punkt des regulären Gebrauchs angekommen, über den hinaus nicht mehr viel passieren wird.

 Allerdings deckt sich diese Aussage nicht mit der tatsächlichen Verbreitung von XR Technologie: Abseits von speziellen Industrieanwendungen und vor allem dem Gaming-Bereich ist XR nicht sehr weit verbreitet. Solange die Hardware auf der gegenwärtigen Ebene von etwas zu teuren, etwas zu schweren VR-Helmen mit etwas zu umständlichen Nutzerinterfaces bleibt, wird sich wenig in Richtung der immersiven Vision eines Metaverse bewegen.  Man vergleiche die Verkaufszahlen von Smartphones im Jahr 2007 (als das erste Iphone erschien), die bei 120 Millionen verkauften Einheiten weltweit lagen, mit den 9,8 Millionen AR- und VR-Headsets weltweit, die 2021 verkauft wurden. Dies, wohlgemerkt, fast zehn Jahre nach Erscheinen des ersten erfolgreicheren VR-Headsets Oculus (2012) und knappe acht Jahre nachdem Google seine AR-Hardware veröffentlichte.

Spezialisierte Bereiche wie Architektur und Design oder auch Medizin werden dennoch auch interessante Anwendungen hervorbringen, bevor das Preis-Leistungsverhältnis für Durchschnittskonsumenten akzeptabel wird. Beispielsweise wurde Touchscreen-Technologie erst mit dem Smartphone für Konsumenten interessant, fand aber in den zehn Jahren davor auch im Business- und Industriebereich verschiedenen Anwendungen.

Die Tatsache, dass das Metaverse mit der entsprechenden Hardware steht und fällt, und dass das für eine weitreichende gesellschaftliche Akzeptanz notwendige technologische Entwicklungsniveau noch nicht erreicht ist und nicht in der nahen Zukunft erreicht wird, blieb in Zuckerbergs Produktvision unerwähnt.

Während viel über die theoretischen Möglichkeiten des Metaverse gesprochen wird, gibt es kaum Aussagen über voraussichtliche Zeitrahmen oder konkrete Marktbewegungen und Produktlösungen. Vor diesem unklaren Hintergrund stellt sich die Frage, was die beste Positionierung im Bezug auf das Metaverse ist, vor allem für europäische Tech-Unternehmen.

Die beste Positionierung im Bezug auf das “meta”-Metaverse

Egal wie aggressiv Facebook bzw. meta sich beim Thema Metaverse positioniert: zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keine dominante Kraft im Metaverse-Raum, nicht zuletzt, weil dieser Raum noch nicht wirklich existiert. Dieser neue, unbelegte Raum stellt auch eine Bedrohung für Facebook dar, da Facebook in der nächsten Iteration des Internets verdrängt werden könnte. Daher möchte Zuckerberg, dass Facebook eine dominante Rolle im Metaverse spielt. Wer sich an das Internet während der 90er erinnert, weiß, dass die großen Player von damals nicht unbedingt die großen Player von heute sind.

Aus der Innovationsforschung ist bekannt: jeweilige Marktführer sind aus strukturellen Gründen sowie den anders aufgestellten Finanzierungsinzentiven (Stichwort Risikoprofil von Marktführern ggü. kleinen Innovatoren) in der Regel nicht mehr so innovativ wie kleinere Marktakteure und identifizieren seltener die Technologie- und Markttrends, die letztendlich entscheidend sind. Daher sollte klar sein, dass dem Branding zum Trotz das Metaverse und das Facebook-Metaverse nicht notwendigerweise Synonym sein werden.

Dies öffnet wiederum die Tür für Neueinsteiger im Markt, einschließlich europäischer Akteure, die trotz wirtschaftlicher, industrieller und technologischer Ressourcen keine vergleichbare „Big Tech“ Firma hervorgebracht haben.

Die flächendeckende Adoption von Extended-Reality für durchschnittliche Konsumenten hängt von den Kosten der Nutzbarkeit ab, welche sich wiederum aus der Hardware-Entwicklung ergibt. Wer entweder die Probleme der komplexen AR/VR-Hardware für Konsumenten lösen und/oder eine Brücke von spezialisierten Industrieanwendungen zum Consumer-Bereich schlagen kann, hat gute Chancen, ein Stück vom Metaverse-Kuchen zu bekommen.

Grundsätzlich lohnt sich für Technologieunternehmen ein vorsichtiger früher Blick auf der Konzeptebene, und auch andere Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass die Zeit für grundlegende Fragen, wie sie bei der Digitalisierung und dem Aufkommen des Internets entstanden, wiederkommen könnte. Wie ändern sich Geschäftsmodelle und Unternehmensaktivitäten, wenn Menschen auf eine noch weiter gedachte Art und Weise immer erreichbar sind? Iceventure bietet zahlreiche Beratungsdienstleitungen, um Unternehmen bei Fragestellungen zu Technologiebewertung, -adoption und digitalen Geschäftsmodellen zu unterstützen.

 

[1] https://www.statista.com/statistics/263437/global-smartphone-sales-to-end-users-since-2007/

[2] https://www.statista.com/statistics/653390/worldwide-virtual-and-augmented-reality-headset-shipments/

Was ist das nächste große Ding - Technologie in 2021?

Es ist Ende eines verrückten Jahres, in dem Covid-19 und die Auswirkungen das bestimmende Thema war und ist. Das ist nicht verwunderlich, aber andere wichtige Themen geraten so in den Hintergrund. So kommt in vielen Videokonferenzen und Telefongesprächen mit Kunden die Frage für 2021 auf: was ist die nächste große Sache, das nächste große Thema, die nächste Technologie?

neue Technologien beginnen mit dem Ende von alten Technologien?


Eine Möglichkeit darüber nachzudenken, ist zu eruieren, welche Technologie aktuell an einem Endpunkt angekommen ist und welche Produkte bzw. Produktkategorie dies beeinflusst.


Diese Technologie ist in unseren Augen, 15 Jahre nach dem Start dieser Kategorie und dem Durchwandern der S-Kurve, Smartphones. Alles was in dieser Kategorie (z.B. Klapphandy, Bildschirmgröße, Tastatur) offensichtlich als Produkt oder Feature möglich war, wurde realisiert. Auf der Wettbewerbsseite haben Google mit Android und Apple mit dem iPhone und iOS gewonnen, Windows Phone und Nokia sind Geschichte. Das ist der Grund, warum das neue iPhone nicht besonders aufregend ist. Das ist der Grund warum das neue Surface Neo, spannend ist, aber bereits heute ein Nischenprodukt ist.

Welche Produktinnovation löst also das Smartphone ab – Technologiebewertung?


Die Frage ist also komplexer.

Tesla's valuation - software criteria misplaced

I pick up a piece I published on LinkedIn some time ago. I argue that the argument that Tesla should be valued like a software company as softwarization of cars is the future lacks a sound framework.

Why valuing Tesla as a software company is not sound

First one needs to understand the part the software plays in the product bundle. Software is part of the new product, the various Model X/3/ cars, for sure. But being part of the product, it is not the game winner. In the end it is a car transporting from A to B. An equivalent in the software space is e.g. Zoom. They master videoconference technology. This is difficult, requires deep engineering knowledge and has hard problems to solve. But others a just a click away, so limited network effect if at all.
We at Iceventure within our technology impact valuation and technology scouting service call this a secondary order of digitalization effect.
What is the definition of it: New offers use current technology, but it is rather state-of-the-art process than USP. This is often mixed up in valuation arguments. This is as technology propositions and valuation propositions come as bundles which needs unbundling when analyzed. 

What criteria of a software company do not apply? 

Back to Tesla and software valuation: Unbundling the software argument, one needs to apply the full criteria of stellar SaaS (software) valuations to Tesla. These criteria are:

Cars do not have network effects. It could, maybe with AI and autonomous driving, but this is another topic, another technology battle of the future. It needs another analysis.

It is not sticky, not like software. An important fact in the SaaS space is to get mission critical information in the system. This is a barrier to exit. It is soft, there are APIs or export, but there are switching costs. But it works rather well. Sure, car brands are able to create loyalty, but there are limits to this.

The economics of software do not apply. You buy a car once, so it would be on-premise, not SaaS. This makes a difference in valuation. But even if it would be SaaS, it does not match.  Yes we can model CAC and LTV for tesla, even churn. But what is about all the economics of scaling up? There is another important argument, I leave out as it is reserved to our customers related to the last point. Will you know what it is?

 

 

 

Technologietrends und das Gartner Hype Cycle Modell - kritische Betrachtung am Beispiel KI basierter Virtueller Business Assistenten

Jährlich präsentiert das Research und Beratungsunternehmen Gartner seinen Hype Cycle für Technologietrends, der in der Wirtschaft eine hohe Beachtung erfährt. Unternehmen, Unternehmensberatungen und Forscher orientieren sich an diesen Zyklen, um die Technologiereife einzuschätzen und zukünftige Investitions- bzw. Forschungsentscheidung zu treffen.


Hype Cycle Gartner Alternativen
Doch das Gartner Hype Cycle Modell ist in unserer Sicht nicht ohne Fragezeichen.  

Dazu wurde in diesem Blog bereits ein Beispiel ausgeführt. In einem vorigen Artikel in Iceventures Blog wurden anhand der Technologien „Augmented Reality“ (AR) und „Virtual Reality“ (VR) einige Fragezeichen rund um die Anwendung des Hype Cycle-Modells erläutert. Fragezeichen, die die Allgemeingültigkeit, Verlässlichkeit und Präzision seiner Aussagen zur Diskussion stellt. Im beschriebenen Beispiel war VR im Jahr 2017 laut dem Gartner Cylce noch 2-5 Jahre von der Marktreife entfernt, im Jahr darauf aber gänzlich aus dem Modell entfernt; dies, ohne dass sich auf dem Markt große Veränderungen vollzogen hätten. Auch gab es dazu Stand unseres Wissens bis heute keine weitere Erklärung, außer, dass der Punkt der Marktreife erreicht wurde.

 

Weitere methodische Fragen bei Technologiebewertung und Reifegradmodellen

Strukturell gibt es neben dieser Intransparenz auch andere Fragen bezüglich des Modells. Einige Fragestellungen aus unseren eigenen Arbeiten soll hier kurz sowohl theoretisch als auch praktisch diskutiert werden.

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